Kubanische Zigarre aus Nicaragua Tabak

Mein heutiger Interview-Partner ist eine kubanische Zigarre aus Nicaragua Tabak. Ich nenne sie aus Gründen des Zigarrenschutzes einfach “Zigarre”. Was sie Schlimmes zu berichten hat, und warum sie Angst vor dem Verbrennen hat, liest du in diesem Interview. Ach ja: Schnell-Leser glauben wirklich, dass ich hier einen echten Fall schildere. öhm…schon mal was von Satire gehört?

Herzlich Willkommen in Zigarren.Zone Interview “Zigarre”. Auf deinen Wunsch hin, möchtest du deinen Namen nicht Preis geben. Warum nicht?
Über mich zieht man zu viel her, man kritisiert mich zu oft.
Wie meinst du das?
Ich werde zu oft kritisiert, obwohl ich gar nichts dafür kann. Es heisst zu oft: “Bäh, die schmeckt nicht!” Das macht mich ganz schön traurig.

Woher kommst du, Zigarre?
Aus Kuba, aber eigentlich bin ich in Nicaragua geboren. Naja, meine Eltern zumindest.
Wie bitte?
Naja, gesät und aufgewachsen sind meine Eltern in Nicaragua. Dann wurden sie aber noch in ganz jungen Jahren nach der Ernte nach Kuba verfrachtet.
Wie ging es dann weiter?
Auf Kuba angekommen, fermentierten sie erst mal ein paar Monate weiter – mit Tausenden und Abertausenden anderen Tabaklbättern aus Nicaragua. Kannst du dir so etwas vorstellen? Aus deinem ursprünglichen Land…einfach weg gerissen… shniff… (Anm. d. Redaktion: Die Zigarre vergiesst ein paar leise Tränen, hoffentlich kann ich sie dann noch rauchen). Dann wurde ich schliesslich als Zigarre gerollt und somit bin ich auf Kuba geboren.
Anm. d. Redaktion: Ich zünde die Zigarre an, schliesslich ist das ihre Bestimmung. Zigarre ruft: “Hey, nicht so nah an die Flamme, Mann!!” – “Tschuldigung!”

Zigarre: Siehst du, das ist genau das, was mich nervt: Die Leute wissen einfach nicht, wie ich zu behandeln bin. Und dann schreien sie: “Sie schmeckt nicht, sie schmeckt nicht.” Auch wenn ich mit Tabak aus Nicaragua gefertigt bin, ich erwarte eine Behandlung, die von Wissen und Respekt zeugt…!!
Erzähl keinen Quatsch: Kubanische Zigarren mit Tabak aus Nicaragua?
Klar. Die Kubaner haben keine Ressourcen. Und durch die Planwirtschaft müssen sie stur dann auspflanzen, wie es der Plan vorsieht. Scheissegal, wie es auf den Feldern aussieht. Deshalb kann es manchmal knapp werden mit Tabak aus Kuba und sie müssen sich aus Nicaragua welchen holen.
Okay, und deshalb wirst du dann kritisiert?
Nein, denn der Raucher weiss ja gar nicht, dass ich eigentlich aus nicarguanischen Tabak bestehe. Ich werde kritisiert, weil ich “grasig” schmecke, oder “adstringierend”. Übrigens: Können die Dösköppe eigentlich nicht Worte wählen, die jeder versteht? Das regt mich vielleicht auf!

Welches Wort meinst du? Und hör auf die Kunden “Dösköppe” zu nennen.
“Adstringierend”. Tschuldigung, Kunden.
Ja, du Neunmalkluger: Dann sag du doch ein anderes Wort dafür!
Zusammenziehend.
Zusammenziehend?
Ja.
Und wie soll das in einem Satz denn lauten? “Der Mund zieht sich zusammen”?
Genau, das versteht dann auch jeder.

Kommen wir zurück zur Kritik über dich. Aber die Konsumenten haben doch recht, dass du “grasig”, nach Ammoniak und “adstringierend” schmeckst. Die Krititk ist gerechtfertigt, oder nicht?
Ja, aber ich kann nichts dafür.
Wer dann?
Mann, du bist schwer von Begriff, was? Na, die kubanische Zigarrenindustrie natürlich! Ich kann kaum meine Kindheit überdauern. Als Kind will ich schliesslich auch erst mal rumspielen. Aber nein, mich verkauft man in der Pubertät. Und da habe ich eine Scheisslaune, sag’ ich dir! Klar, schmecke ich dann nicht!
Anm. d. Redaktion: Der Autor Min Ron Nee spricht in seinem Buch nicht von “Zigarren-Pubertät”, sondern von der “Sick-Period”, also Krankheitsphase. Sein Buch: Eine illustrierte Enzyklopädie der postrevolutionären Havanna-Cigarren Der Link führt zu Amazon. Falls du das Buch kaufst, bekomme ich eine kleine Werbekostenprovision, danke 🙂
Zigarre: Ist mir scheissegal, wie der Ronnie das nennt. Ich nenne es Pubertät und Ende der Durchsage!

Ok, und was soll der Konsument tun?
Mich einfach in Ruhe lassen. Er soll mich in den Humidor legen und mich für drei Jahre vergessen. Mindestens.
Und dann?
Dann schmecke ich ganz ausgezeichnet!
Wirklich?
Und ob!
Besser, als Zigarren, die nicht aus Kuba sind?
Naja, da werde ich jetzt etwas rot… AUA! Zieh gefälligst nicht so stark an mir, du zersörst mein Aroma!!
Tschuldigung! Warum wirst du also rot?
… weil, ich bin ja eigentlich aus Nicaragua… Bloss gerollt wurde ich auf Kuba…
Achso, ja, stimmt. Was kannst du mir sonst noch über dich erzählen?
Nichts, sonst wissen sie, wer dir das Interview gegeben hat. Ich habe Angst, dass sie mich und alle meine Mitgenossinnen verbrennen: Auf einem Scheiterhaufen. Übrigens: Wie schmecke ich dir eigentlich?
Ganz ausgezeichnet! Welches Box-Date hast du denn?
SEP 06
Aaaah… ganz hervorragend! Herzlichen Dank für das Interview. Deine Identität ist bei mir in guten Händen.
Danke.
Bitte.
Zigarre verglimmt…
Beängstigender Gedanken.
Warum nur halte ich dieses Zenario durchaus für möglich?
BD SEP 06?
Irgendwie glaube ich nicht, daß bei regulär gefertigten, also 2006 gerollten Zigarren das schon der Fall war.
Daher spekuliere ich auf die Anejados Serie. Evtl. die Menge gelagerte Blätter gestreckt?
Würde auch passen, da diese Serie mir einfach nicht schmecken will. Kann aber auch Einbildung sein…
Grüße, Hans
Siehe zum Thema dieses Kurzvideo: https://vimeo.com/334140436