Jan Vistisen von Royal Danish Cigars hat die Schnauze voll von Nicaragua

Liebe Zigarren.Zone Freunde, gegen Ende Oktober 2016 las ich auf Facebook zwei Beiträge von Jan Vistisen (Royal Danish Cigars), über die ich mir Sorgen machte. Er kritisierte das politische System in Nicaragua, und dass er die Schnauze voll habe. Seine Erlebnisse und seine Meinung wird nicht mit allen aus der Branche geteilt.

Er wird im Jahr 2017 eine Roadtour durch die Schweiz unternehmen und auch am BIG SMOKE in Zürich anwesend sein. Er freut sich schon, um mit uns eine Zigarre geniessen zu können.

Sein erstes Interview auf Zigarren.Zone liest du hier.

Ich bedanke mich bei Jan Vistisen, dass er unverblümt seine Eindrücke und Gefühle hier mit uns teilt.

Fotos: Zur Verfügung gestellt, herzlichen Dank.

Lieber Herr Vistisen, herzlich Willkommen ERNEUT im bekannten Zigarren.Zone Interview 🙂 Sind Sie bereit? 🙂

Danke Vasilij für die Möglichkeit, erneut ein Interview für Ihr innovatives Magazin geben zu dürfen.

Herr Vistisen, auf Facebook konnte man in den letzten Tagen lesen, dass Sie sich aus Nicaragua zurück gezogen haben. Was ist passiert?

Das war eine persönliche Entscheidung, keine geschäftliche. Ich habe die letzten 12 Jahre meines Lebens in Lateinamerika damit verbracht alte dänische Zigarrenblends zu verbessern. Auch neue in der Dominikanischen Republik, Kuba, Panama, Costa Rica und letztendlich in Nicaragua zu schaffen. Ich war umgeben von manchen der am schlechtesten Ausgebildeten in den ärmsten Ländern der Erde. Persönlich habe ich miterlebt, wie sich die Lebenshaltungskosten dort in dieser Zeit etwa verdreifacht haben. Dort zu leben wurde teurer als in Europa. Und das für weit weniger Lebensqualität. Nicaragua war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich weigere mich, weiterhin 800 $ Leasingrate pro Monat für einen 8 Jahre alten Toyota Corolla zu zahlen. Und ich weigere mich 1300 $ für ein Apartment mit Klimaanlage zu zahlen. Nicht zu vergessen sind die doppelten oder dreifachen Preise für die wenigen importierten Lebensmittel, die man in Nicaragua bekommen kann.

Für viele Dinge muss man sogar jeden Monat einmal nach Costa Rica reisen um einfachste Dinge zu kaufen, die man braucht um in Nicaragua produzieren zu können. Dazu kommt, dass ein 40-minütiger Flug von und nach Costa Rica inzwischen 450 $ kostet. Vor zwei Jahren waren das noch 350 $. Ein vergleichbarer Flug ist in Europa für 100 $ zu haben.

So hat all das, gepaart mit dem täglichen Stress schlechter Lebensqualität, niedriger Arbeitsmoral und der andauernde Lärm dazu geführt, dass ich das Land verlassen habe.

Ich las in einem Ihrer Postings, dass Sie schon zurück in Europa waren und Ihre Frau war noch in Nicaragua. Sie wurde in einem Taxi überfallen oder entführt?

Meine Frau Itka wurde in einem Taxi ausgeraubt. Wie sie in ihren eigenen Facebook-Kommentaren schrieb, hätte sie genausogut auch entführt werden können. Es gibt keinen Respekt vor anderer Leute Leben oder Privatbesitz in Nicaragua.

Das ist furchtbar, man fühlt sich machtlos. Wie sind Sie damit umgegangen?

Man wird so wütend und ist so frustriert, dass man am Ende sprichwörtlich fast jemanden umbringen könnte. Ich bin weggegangen und verspüre keinen Wunsch nach Lateinamerika zurückzugehen. Zu viel Frust und zu viele schlechte Tage haben meinen Blutdruck ins Unermessliche steigen lassen. Ehrlich gesagt kann man depressiv werden, wenn wenig gebildete Menschen deinen Alltag beeinflussen.

Ist Ihre Frau nun wohlbehalten wieder bei Ihnen angekommen?

Ja! Meine Frau ist nun hier in Europa und wir werden uns in Spanien niederlassen. Sie wird dann zwischen Nicaragua und Europa pendeln, um die Produktion zu leiten.

Das Schweizer auswärtige Amt warnt vor Reisen nach Nicaragua. Was raten Sie den Leuten, die in Nicaragua Urlaub machen möchten?

Milliarden von Dollar würden gebraucht, um Nicaragua besuchenswert zu machen. Das Land ist extrem schmutzig und laut. Es gibt nichts zu sehen, nichts zu tun und nichts zu essen, das es nicht günstiger und besser woanders gäbe. Schon allein deine Zeit totzuschlagen, wenn du dort lebst, ist ein Problem. Die Regierung ist so korrupt, dass sie bei der Wahl am letzten Wochenende keine öffentlichen Wahlbeobachter zugelassen haben. Der Präsident hat die Verfassung missachtet und wird das auch weiterhin tun. Wahrscheinlich wird Nicaragua künftig so sein wie Venezuela schon jetzt. (Anm.d.Red.: Zeit.de berichtete am 07.11.16 über die Wahlen in Nicaragua).

Wo werden Sie in Zukunft Ihre Zigarren produzieren?

Wir werden weiterhin in Nicaragua und anderen lateinamerikanischen Ländern produzieren. Es gibt tausende anderer Markeninhaber, die nicht in Lateinamerika leben, aber dennoch dort produzieren lassen. Es gibt tausende Designer von Modelabels, die nicht in China leben, nur weil ihre Klamotten dort produziert werden. Wenn du so weit weg wohnst, verlierst du den Kontakt zu deinen wichtigsten Märkten – Ich verkaufe keine einzige Zigarre in Lateinamerika! Wenn man das betrachtet, ist es eine weise Entscheidung nach Europa zurückzukehren, gerade weil jeder Zigarrenproduzent der krabbeln kann versucht, von den Vereinigten Staaten nach den ganzen FDA-Regelungen hierher zu kommen. 60% der Produzenten können sich die Kosten für die Umsetzung der neuen Regeln nicht leisten und suchen nach neuen Märkten. Wir haben hunderte von kleinen Kofferträgern auf der Intertabac 2016 gesehen, die wie kopflose Hühnchen herumrannten nur um einen europäischen Importeur zu finden.

Wenn man als Unternehmer solche einschneidenden Erfahrungen macht, braucht es neben den ganzen Emotionen auch einen kühlen Kopf, der einem sagt, wie man die Zukunft des Unternehmens gestalten möchte. Wann kam bei Ihnen die Entscheidung, Nicaragua zu verlassen?

Vasilij, wie ich eingangs gesagt habe, ist es eine persönliche Entscheidung, keine geschäftliche. Ich muss meine Familie beschützen und meinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. In Nicaragua kann ich das nicht. Solche Entscheidungen trifft man nicht über Nacht. Sie entwickeln sich. Tägliche Frustrationen und Stress kommen dazu und eines Tages ist es einfach genug. Wie auch immer, am Ende des Tages glaube ich, dass meine Blends perfektioniert sind und die Zeit reif ist, mehr Präsenz in Europa zu zeigen. Hier zu leben ermöglicht günstige Flüge und mehr Events im nächsten Jahr. Royal Danish Cigars macht ausserdem eine exklusive Linie nur für Spanien.

Wir haben in Facebook schon viel über Ihre Zigarre UMAMI gelesen. Wie erklären Sie sich den Erfolg der Zigarre? Was ist so besonders an der Umami, dass sie in Deutschland bereits ausverkauft war?

Ich glaube der UMAMI BLEND ist die erste mikrobiologische Entwicklung in der Zigarrenindustrie der letzten 400 Jahre. Ich glaube Royal Danish Cigars ist der erste Produzent, der vollkommen natürliche Mikro-Organismen einsetzt, um die Aromen während des Fermentationsprozesses zu ändern und verbessern – und das zu 100% auf natürliche Weise. Wie Sie schon sagen, spricht das Ergebnis für sich. Die Zigarre war in allen Ländern, in denen sie vorgestellt wurde, sehr schnell ausverkauft. Die Mikrobiologie eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten, interessante Tabakaromen für die Zukunft hervorzubringen.

Offensichtlich haben sie die Zigarre nun auch auf den Amerikanischen Markt gebracht. Gibt es die UMAMI auch bald in der Schweiz?

RDC UMAMI BLEND wurde auf der Schweizer Tabakmesse am letzten Wochenende von Enrico Gunde vorgestellt und ich selbst werde die Umami auf dem BigSmoke in Zürich 2017 zusammen mit unserem Schweizer Distributor SÄUBERLI (Oettinger Davidoff) vorstellen. Es ist nur eine Frage der Logistik, wann die UMAMI die Schweizer Läden erreicht. Wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres.

Herr Vistisen, herzlichen Dank für Ihre Zeit. Alle Leser von Zigarren.Zone wünschen Ihnen einen guten Neustart. Gibt es vielleicht noch etwas, das Sie den Lesern gerne mitteilen möchten?

Danke Vasilij, es ist immer schön, mit Ihnen zu reden. Danke Ihnen für großartige Einblicke in die Zigarrenwelt und lassen Sie Ihre Leser bitte wissen, dass RDC im Zusammenhang mit dem BigSmoke 2017 in Zürich auch eine Roadshow durch die großen Städte der Schweiz machen wird. Ich kann es kaum erwarten, endlich mit Euch gemeinsam zu rauchen. Nichts ist so schlecht, dass es nicht gut ist für etwas Neues!

Wir heissen Herrn Vistisen schon heute in der Schweiz herzlich Willkommen! Vielen Dank für Ihre Zeit, das schätzen die Leser von Zigarren.Zone sehr. Alles Gute und viel Erfolg Ihnen, Ihrer Familie und Ihrer Zigarrenmarke 🙂

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