Der Zigarrenhandel hat im Internet keine Zukunft

“Der Zigarrenhandel hat im Internet keine Zukunft“, sagten vor vielen Jahren diverse Schweizer Zigarrenimporteure zu Christoph Läubin, Inhaber von zigarren-online.ch. Und wie sieht es mit dieser Aussage heute aus? zigarren-online.ch besitzt heute das breiteste Longfiller Portfolio de Schweiz. Ende der Durchsage.

Inhalt:
Christoph Läubin, herzlich willkommen im Zigarren.Zone-Interview. Welchen Beruf übst du aus?
Ich bin seit 2011 Geschäftsführer der ZO Retail GmbH, etwas besser bekannt unter www.zigarren-online.ch. Den Grundstein dafür habe ich im Jahre 2007 gelegt, zu diesem Zeitpunkt die erste Einzelfirma gegründet und den Shop auf Frühling 2008 hoch gezogen.
Was fasziniert dich an Zigarren? Sammelst du auch Privat, und falls ja, welche und warum?
Ich habe mit dem Zigarren-Geniessen im Jahre 2004 begonnen. Nach der ersten nicht gerade milden Montecristo No. 2 habe ich nach und nach mit weiteren kubanischen Zigarren meinen Gaumen ausgebildet und immer mehr Freude an Zigarren bekommen. Mich fasziniert an den Zigarren die grosse Vielfalt, die verschiedenen Aromen sowie den enormen Aufwand hinter jedem einzelnen Stück. Was mir am Zigarren Geniessen aber besonders gefällt, sind die Menschen: Durch die Zigarre durfte ich schon viele spannende Abende, Wochenenden und Freundschaften erfahren. Dazu kommen natürlich die immer wunderbaren Gespräche mit faszinierenden Personen. Um Zigarren zu sammeln bin ich jedoch nicht geboren. Klar hebe ich mir wertvolle Stücke für spezielle Momente auf. Ich bunkere aber privat keine Schätze.
Es gibt das Gerücht, dass Dunhill etwa ab dem Jahr 2016 wieder kubanische Zigarren anbieten wird. Wie weit ist dieses Vorhaben schon im Entstehen begriffen?
Gerüchte sind gut, Fakten sind aber besser. Warten wir doch mal ab, wir werden sehen…
Welche Rolle wird das Internet in Zukunft für den Kauf von Zigarren haben? Was passiert mit den etablierten Ladengeschäften vor Ort?
Das Internet hat in den letzten Jahren ganz klar einige Schritte nach vorne gemacht im Bezug auf Webshops und Zigarren. Als ich im Jahr 2007 auf einzelne Importeure zugegangen bin, wurde ich gelinde gesagt nicht ernst genommen: Das hätte keine Zukunft und ich hätte da zu grosse Illusionen, die sich nicht bestätigen würden. Nun, wir stehen heute auf dem Schweizer Markt sehr erfolgreich da, besitzen das breiteste Longfiller Portfolio der Schweiz, gewinnen täglich Neukunden und begeistern ebenfalls täglich unsere Stammkunden. Die anfangs zweifelnden Importeure haben sich klar geirrt und sagen heute: „Das Internet ist die Zukunft, einen Webshop muss man haben!“ Das Internet hat also ganz klar eine wichtige Rolle eingenommen bei dem Zigarrengeniesser. Gerade junge Personen sind mobil unterwegs, sind im Internet zu Hause und kaufen dort alles. Auch wer etwas abgelegen wohnt und keinen Fachhändler in seiner Nähe hat, wird im Internet schnell fündig und dann auch schnell beliefert. Der Fachhandel mit Ladengeschäft vor Ort hat jedoch ebenfalls absolut seine Berechtigung: Ein schöneres Erlebnis als in einem Humidor mit tausenden von Zigarren zu stehen gibt es für einen Zigarrengeniesser nicht. Beides, der Handel via Webshop sowie der Handel im Ladengeschäft um die Ecke hat seine Berechtigung und wird in der Zukunft genutzt werden.
Einzelne Zigarren im Humidor lagern: Mit oder ohne Cellophan (oder Alutubo) lagern und warum?
Entweder ist hier die Fragestellung falsch oder ich kann dir die Frage so nicht beantworten. Warum? Es gibt da kein richtig oder falsch! Meiner Meinung nach müsste die Frage anders lauten: Wie verhalten sich die Zigarren wenn ich sie im Humidor im Cello oder Alutubo lagere? Egal wie die Fragestellung jedoch lautet: Das ist Geschmacksache jedes einzelnen Aficionados. Fakt ist: Lege ich eine Zigarre lose (ohne Cello und Tubo) in einen Humidor, so wird sie die Aromen schneller umwandeln, reifen oder verlieren. Je mehr die Zigarre verpackt ist (Cello, Tubo, Kiste, Mastercase) desto langsamer verliert sie Ihre Eigenschaften und Aromen, reift oder nimmt andere Aromen an.

In unserem Walk-In bei www.zigarren-online.ch lagern alle Zigarren in den Kisten inklusive Cello oder Tubo, so wie sie angeliefert werden. Offen lagern wir bei uns die Zigarren nicht, somit besteht für das Auge zwar kein Paradies, die Zigarren bleiben aber bis zum Geniesser von äusseren Einflüssen geschützt. Privat lege ich die Zigarren auch so in den Humidor wie sie mir vorliegen: Lagere ich eine Kiste ein, so kommt die verschlossen in den Humidor, umhüllt die Zigarre ein Cello so bleibt dieses dran und ein Tubo bleibt verschlossen. Ich rate hier jedem Geniesser selbst mal etwas zu experimentieren: 5 Zigarren im Cello in den Humidor legen, 5 Zigarren vom Cello befreien. Dann nach und nach, sagen wir alle 3 Monate, jeweils je eine der Zigarren parallel verkosten. Der Unterschied wir bestimmt zu bemerken sein, nach 1,5 Jahren ist dieser bestimmt am grössten. Welche Zigarre nun aber mehr mundet ist jeder und jedem selbst überlassen. (Hinweis der Redaktion: Experimet auf Zigarren.Zone mit Joya de Nicaragua)
Ganze Kisten (verzierte Kisten, Cabinettkisten) lagern: Wie macht man das und warum?
Das macht man am besten in einem Schrankhumidor. Geht es um die Langzeitlagerung so darf der Befeuchter ruhig auf 68% runter geschraubt werden und es sollte vorzugsweise eine Temperatur von 16-18°C im Humidor herrschen. Werden die Zigarren für den regelmässigen Genuss in der Kiste gelagert so empfehle ich persönlich eine Lagerung bei 72% relativer Luftfeuchte bei einer Temperatur von etwa 22°C.
Welche Technologie brauchst du für das Befeuchten und das Messen der rel. Luftfeuchtigkeit, und evtl. zur Kühlung?
Zuhause steht in meinem kleinen Adorini Bari ein CigarSpa. Dieser verrichtet seit einigen Jahren zuverlässig seinen Dienst und verlangt lediglich 3-4 mal im Jahr nach etwas Wasser und alle 2 Jahre nach neuen Batterien. Der CigarSpa ist so zu sagen ein rundum sorglos Paket für die Befeuchtung in gängigen Humidoren. Er vermag zu begeistern weil er eben „vergessen“ werden kann.

Im Geschäft verwenden wir für den Walk-In Humidor diverse technische Geräte und Messtechnologien, da ist das ganze etwas komplizierter und heikler als zu Hause. Wir haben eine Temperatur von 20°C über das ganze Jahr in unserem Humidor, dies als guten Mittelwert zwischen Langzeitlagerung und Lagerung für den sofortigen Genuss. Die Temperatur von 20°C erreichen wir jedoch lediglich mit einer Inverterklimaanlage, welche dann laut Physik die Luft „trocknet“. Da stehen auf der andern Seite also Kaltverdunstungsbefeuchter mit einer Verdunstungsleistung von über 2.5 Liter/Gerät pro Stunde. Der Sensor und die Steuerung für die Feststellung und Regelung der aktuellen Feuchtigkeit, ist das Ergebnis von einem der angesehensten Pioniere auf diesem Gebiet. Diese drei Komponenten sind dafür verantwortlich, dass die Zigarren ihr gewünschtes Klima erhalten und keinen Schwankungen in Temperatur und Feuchte ausgesetzt sind. Natürlich überprüfen wir am Ende auch noch diese technischen Apparate: Im Walk-In sind Datenlogger im Einsatz, welche die relative Luftfeuchte und Temperatur im Innern der Kisten messen und somit die Bewegungen dort aufzeichnen wo die Zigarren wirklich lagern. Damit haben wir Statistiken und können das Verhalten im Humidor für die Vergangenheit immer nach vollziehen.

Wie kontrollierst du den Zustand der Zigarren?
Kontrolliert wird bei uns im Geschäft von Hand, mindestens Montag bis Donnerstag und meist dann auch noch am Freitag für Kunden, die bei uns vorbei kommen und Bestellungen abholen. Alle Zigarren, die unser Haus verlassen, werden vorab geprüft, und jede der vielen Kisten die pro Tag geöffnet wird, wird demnach gemustert. Somit haben wir den Zustand der vielen Schätze immer vor Augen. Zu Hause im Bari werfe ich gerne alle paar Tage einen Blick durch die Scheibe auf die Anzeige des CigarSpa und weiss dann gleich bescheid.
Warum sind Zigarren ausserhalb Kubas nach dem Kauf beim Händler sofort zum Verkosten geeignet? Warum sollte man kubanische Zigarren erst einmal lagern?
Nun, auch dies ist zum grossen Teil Geschmacksache. Fakt ist, dass die Zigarren in Kuba derzeit nicht sehr lange in den Aging Rooms der Manufakturen liegen und das Land rasch verlassen. Dies führt dazu, dass wir im Fachhandel zum Beispiel Partagas Serie D 4 haben, die erst vor wenigen Monaten ihr Boxingdate gestempelt bekommen haben und noch sehr frisch sind. Gerade so junge kubanische Zigarren entwickeln sich meist nur zum besseren in den ersten 1,5 Jahren, hier ist also etwas Geduld gefragt. Habanos hat im Bezug auf die jungen Zigarren zu viel Druck im Bereich vom Tabakanbau, Lagerung des Rohtabaks, Fertigung der Zigarren und dem Export auf Grund der hohen Nachfrage. Da haben andere Hersteller aus andern Ländern etwas andere Ausgangslagen: Oft wird lange gelagerter Rohtabak verwendet, welcher schon eine 3-6 Monate lange Fermentation hinter sich hat. Durch die Lagerung der gerollten Zigarren in den Aging Rooms von nochmals oft mehr als 90 Tagen, verbessert das Ergebnis dann also enorm. Was nun aber besser oder schlechter ist bleibt, wie gesagt, Geschmacksache, dies ist ja auch im Bezug auf lange gelagerte Zigarren so. Bei kubanischen Zigarren empfinde ich persönlich ein Alter von etwa 1,5-2 Jahren als gute Ausgangslage.
Welche Erfahrungen hast du mit reifen kubanischen Zigarren gemacht im Vergleich mit jungen Zigarren?
Nun, ich bin kein Fan von super Aging Zigarren, diesmal vorweg. Eine Zigarre die 8 Jahre alt ist kann sicherlich ein Wahnsinnsaroma aufweisen, es kommt aber natürlich immer darauf an wie und wo sie gelagert wurde. Ich bevorzuge hier eine Lagerung in der Kiste mit so wenig Frischluft wie möglich. Bezüglich Aging habe ich schon schlechte Erfahrungen mit 10 Jährigen Hoyo de Monterrey Churchills gemacht, die ganz einfach nur noch sehr flach schmeckten und keinen Spass machten. Dann paffe ich die Zigarre doch lieber nach 4 Jahren und habe noch mehr Genuss daran.
Was machst du gegen Blüte, Schimmel, Tabakkäfer?
Gegen Blüte hilft grundsätzlich mal Eines: Keine Panik! Das kommt in den besten Humidoren und auf den besten Zigarren vor, zu unterschiedlichsten Jahreszeiten. Ich selbst habe aber festgestellt, dass das ganze bei geringerer Temperatur und etwas geringerer Feuchte weniger auftritt. Kommt die Blüte dennoch vor hilft ein Pinsel oder ein feines Tuch. Zudem ist ein wöchentliches Begutachten der Zigarren empfehlenswert. Durch die frühzeitige Entfernung von Zigarrenblüten tritt meist auch kein Schimmel auf, dieser wäre ein Anzeichen für eine wirklich schlechte Lagerbedingung, meist zu feucht und zu warm. Alles was sich grün, blau, schwarz und in grossem Flaum über die Zigarre und den Humidor zieht ist nicht gewünscht und sollte entsorgt werden. Zuhause wie auch im Geschäft traf ich in den letzten 8 Jahren jedoch noch nie auf solche Auswucherungen.

Der Tabakkäfer selbst stellt eigentlich keine Gefahr für die Zigarren dar. Wer die Zigarren regelrecht zu Flöten verwandelt ist die Larve des Tabakkäfers, bevor diese sich verpuppt und dann zum Käfer wird. Vor der Larve besteht das Ei, welches wiederum vom Käfer abgelegt wurde. Zur Bekämpfung gibt es grundsätzlich verschiedene Varianten: Die Wirksamsten sind Kälte und Hitze, wobei sich Hitze im Bezug auf eine nachhaltige Bekämpfung bei Zigarren wohl ausschliessen lässt. Möglich wäre zur Bekämpfung aber auch der Einsatz von Gas oder aber CO2. Auf diese beiden Arten der Bekämpfung möchte ich aber hier nicht weiter eingehen, das würde den Rahmen dieses Interviews wohl sprengen. Zudem kann ich an dieser Stelle auch gleich Entwarnung geben: Wer im Fachhandel Zigarren einkauft hat ein sehr kleines Risiko mit dem Tabakkäfer in Berührung zu kommen. Unsere Lieferanten betreiben grössten Aufwand in dem sie die frisch importieren Zigarren nach der Frostung im Ursprungsland nochmals Shockfrosten. Erst dann kommen die Zigarren in ihre Lager und werden an uns ausliefert. Somit bekommen wir praktisch nie zu Augen, was die Larve anrichten kann, und wenn, dann geht die Kiste postwendend zurück an den Absender. In unseren Zigarrenkisten haben wir die gefrässigen Biester in den letzten Jahren aber nie gehabt, zum guten Glück. Wer aber Zigarren von Bekannten erhält oder selbst Urlaubsmitbringsel im Humidor unterbringen will, dem rate ich die Zigarren erst mal visuell zu untersuchen ob da im schlimmsten Fall schon Löcher vorhanden sind, dann für eine Woche zu frosten und anschliessend in der Kiste im Humidor zu lagern. (Hinweis der Redaktion: Wie man Zigarren forstet)
Worauf sollte man sonst noch achten? (z.B. Humidore, die aus falschem Holz gefertigt sind und die Zigarren dessen Duftaromen annehmen…)
Nun, Zigarrenliebhaber lieben ihre Zigarren, der Humidor und vor allem die Befeuchtung der Zigarren ist aber meist leider nur ein sekundäres Thema. Ich bin der Meinung, dass dies der falsche Weg ist: Bei den Zigarren leisten sich viele nur das Beste, der Humidor wird aber auf einer Auktionsplattform ersteigert oder besitzt einen alten Schwammbefeuchter. Dadurch sind dann die wertvollen Schätze nicht gut aufgehoben, starken Schwankungen ausgeliefert und verlieren allmählich ihren Charakter. An dieser Stelle wäre mehr wohl etwas besser; ein dicht schliessender Humidor mit einem Okume oder Zedernholzlining und ein Befeuchter auf Basis von Acrylpolymeren oder ein CigarSpa würden sich hier auszahlen und über Jahre den perfekten Genuss bieten, ohne Ausfall und grosse Pflege.
Christoph, danke für deine Zeit, das schätze ich sehr! Weiterhin Mega-Erfolg mit zigarren-online.ch!
Fotos: Christoph Läubin / Vasilij Ratej

Christoph Läubin betreibt seit 2008 den Shop www.zigarren-online.ch und beliefert mit diesem täglich viele Kunden aus der ganzen Schweiz. Stationiert an der Seestrasse in Zürich lagern einige tausend Zigarren im begehbaren Humidor mit 25m2 Fläche. Im angrenzenden Showroom werden Kunden, welche hinter dem Webshop auch ein Gesicht sehen wollen, gerne empfangen und in den Humidor geführt.
ZO Retail GmbH
Seestrasse 160
8002 Zürich
+41 44 500 92 91
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