Der freundliche Zugbegleiter und Guantanamera Cristales Tasting

Das ist ein Gastbeitrag von Marcel Lindemeier. Marcel ist Zugbegleiter.

Wie ich zu den Guantanamera Zigarren gekommen bin

Anfang August saß ich am Bahnhof Brilon Wald in meiner Pause und war genüsslich eine Mombacho Zigarre am rauchen. Die DB Regio NRW hatte an diesem Tag Zugausfälle und somit haben viele Fahrgäste ihren Anschluss Richtung Marburg verpasst. Sie mussten 2 Stunden auf den nächsten Anschluss warten. Nach einigen Informationen zur Möglichkeit der Weiterreise ging es 1 Stunde später erst Richtung Willingen und dann wieder 1 Stunde später weiter Richtung Marburg.

Eine kleine Gruppe von drei Personen musste nach Frankenberg. Diese drei Personen sind mit mir dann ca. 3 Stunden verspätet in Frankenberg angekommen. Am nächsten Tag gegen Nachmittag war einer der drei Personen in Frankenberg zugestiegen um wieder Richtung Essen zu fahren. Wir kamen ins Gespräch durch die Zugausfälle am gestrigen Tage. Dabei fragte mich der Herr ob ich öfters Zigarren rauchen würde, da er mich am Vortag eine Zigarre rauchen sah. Nachdem ich dieses bejahte sagte er, er hätte noch ein paar kubanische Zigarren zuhause. Da er aber seit 6 Jahren nicht mehr raucht würde er diese mir gerne zukommen lassen als Dankeschön, dass ich ihm geholfen hatte nach Frankenberg zu kommen und ich so freundlich war.

Wir tauschten Kontaktdaten aus und gut zwei Wochen später klingelte der Postbote. Er brachte ein Paket mit einem Humidor für 25 Zigarren und es waren 22 Zigarren enthalten. Dabei war ein kleiner Zettel mit der Botschaft ich sollte mich an diesen Zigarren erfreuen und sie genießen. Nach einem kleinen Telefonat stellte sich heraus, dass der Herr die Zigarren 8 Jahre lang besaß. Sie wurden bei Idealen Verhältnissen gelagert.

Das Tasting der 8 Jahre gelagerten Guantanamera Cristales

Mein Tasting einer Guantanamera Cristales nach 8 Jahren Lagerung war ein sehr spannendes Thema für mich. Ich hatte bislang noch nie solch eine Zigarre geraucht. Weder die Guantanamera noch eine gelagerte Zigarre über 1 Jahr hinaus. Zu meinem Tasting habe ich mir viel Zeit genommen. Zudem gab es ein schönes Glas Highland Park 12y.

Kaltduft: Nach dem Öffnen des Tubos > War verdammt würzig, leicht erdig/ledrig aromatisch. Anschneiden war nicht nötig da die Cristales bereits vorgecuttet sind.

Zugwiederstand: Sehr leicht, recht fest gerollte Zigarre. Das doch sehr grobe Deckblatt der maschinell gerollten Zigarre sieht zwar nicht ganz so schön aus jedoch stört es mich überhaupt nicht.

Der große Moment ist gekommen: Das Anrösten und Anzünden der Zigarre (gleichzeitig erstes Einsetzen des gewonnenen Zippos von Zigarren.Zone, ja Vasilij du hast es ins Paket getan 😛 ) Brandannahme sehr gut – jedoch anfangs leichter Schiefbrand den man gut korrigieren konnte. Die ersten paar Züge konnte ich sehr viel cremige, nussige Aromen wahrnehmen. Mild bis etwas stärker erscheint mir diese Zigarre. Eine sehr lockere Asche fiel schon nach gut 1 cm leider von selber ab.

Das erste Drittel der Zigarre: Sehr viele cremige und nussige Aromen durchweg zu spüren. Keinesfalls kam Schärfe durch. Sehr gutes Rauchvolumen ohne groß nachzulassen.

Im zweiten Drittel kamen leichte Bitternoten zum Vorschein. Weiterhin diese tolle Cremigkeit. Manche Aromen konnte ich im 2. Drittel nicht deuten. Es war mehr so ein komplexes Aromenspektrum was zum Vorschein kam. Weiterhin sehr lockere Asche und gutes Volumen. Retronasal war oft schlagartig eine gewisse Süße zu riechen jedoch nicht genau definierbar.

Das letzte Drittel überzeugte durch seine dauerhaft beständigen Aromen von Erde, Leder und Süße. Die Zigarre wurde in keiner Weise scharf oder extrem bitter. Es kam immer mal wieder leichte Schärfe hinzu, die aber schnell durch das Abkühlen wieder verflogen ist. Die Zigarre gefiel mir auf den gesamten 72 Minuten Rauchdauer sehr gut. In Kombination echt Klasse mit dem doch wie ich finde recht torfigen und rauchigen Highland Park Single Malt.

Fazit

Es lohnt sich anscheinend doch Zigarren ruhig mal zu „vergessen“ und erst nach ein paar Jahren wieder raus zu holen. Ich werde mir definitiv den dazugehörigen Humidor beiseite stellen. Dort “vergesse” ich ein paar Zigarren die mir schmecken.

Foto unten: Marcel Lindemeier bei seiner Hochzeit im Jahr 2015.

Antworten

  1. Mir gefällt sehr gut, dass auch mal ganz „normale“ Leute zu Wort kommen.
    Als ich vor einigen Jahren noch die CIGAR gelesen habe, gab es eine Serie, wo dies auch praktiziert wurde. Ich kann mich an u.a. an eine Studentin ? und vor allem an Bert Wollersheim erinnern, der ein oder mehrere Bordelle in Düsseldorf unterhielt. Ich meine eben nicht immer nur Zigarren-Produzenten oder Business-Männer mit teuren Autos, Uhren usw.
    Ich selber rauche seit 20 Jahren Zigarren, bin nur eine Angestellte und kann mir nicht die hochpreisigen Zigarren leisten. Daher freut mich so ein Bericht.